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Großalarm in Knuffingen: Das Schloss brennt! Rauchschwaden steigen aus dem Dach des prächtigen Baus, im Ballsaal lodern die Flammen. Der Feuerwehr bleibt wenig Zeit. Ein Löschwagen nach dem anderen rast den Schlossberg hinauf. Ihre Sirenen hallen durch die Kleinstadt. Das wilde Funkeln der Blaulichter lockt so viele Neugierige an, dass es rund um den Schlossberg eng wird. "Da kommt die Polizei!", ruft ein Junge und zeigt auf einen grün-weißen Kleinbus. Er lacht begeistert. Der Knuffinger Schlossbrand ist nämlich gar kein echtes Feuer. Es ist eine der Attraktionen im Hamburger "Miniatur-Wunderland", einer der größten Modelleisenbahn-Anlagen der Welt.
Das Hamburger Miniatur-Wunderland
Wer die ehemalige Lagerhalle im Hafen betritt, in der die Mini-Welt aufgebaut ist, weiß erst mal gar nicht, wo er hingucken soll. Über eine Fläche so groß wie drei Volleyballfelder erstreckt sich die Anlage. Von überall her zischt, rattert, blinkt und tutet es.
Hier verschwinden kleine Loks im Alpen-Tunnel; dort rasen Container-Züge durch einen Hafen; und mittendrin fahren Autos, wie von Geisterhand bewegt, an Kreuzungen heran, blinken brav und biegen ab. Acht Kilometer Gleise, mehr als 450 Züge, 3000 Häuser: im Aussehen bis in die Kleinigkeiten ganz genau wie im wirklichen Leben - aber im Zwergenformat.
Die Anlage wächst und wächst
Seit das Miniatur-Wunderland im August 2001 eröffnet wurde, wächst und wächst es. Mehr als eine halbe Million Besucher kommen jedes Jahr. Und die können sogar zusehen, wie die "Macher" der Ausstellung ständig an der Anlage herumfeilen, hämmern oder kleben. Aber wie entsteht eigentlich eine solche Welt?
Die Rocky Mountains sind ein Holzregal
Stephan Hertz, einer der Geschäftsführer, erklärt das Wichtigste. Ganz am Anfang zimmern die Modellbauer aus Holz einen festen Rahmen. "Da darf sich nichts verbiegen oder bewegen. Sonst gibt es später an der Oberfläche ein Erdbeben", sagt Stephan Hertz. Er steht hinter den Kulissen der neuen Amerika-Anlage.
Was von vorn wie die Rocky Mountains aussieht, ist hier hinten ein riesiges Holzregal mit vier Ebenen. "Wenn wir wissen, wo wir Berge oder Täler anlegen wollen, berechnet ein Computer, wie die Gleise verlaufen müssen. Dann werden die Schienen verlegt, und wir machen eine Testfahrt. Erst wenn die geklappt hat, beginnen wir mit der Landschaft", erzählt Stephan Hertz.
Fliegengitter mit Gips
Dazu spannen die Modellbauer Fliegengitter über den Holzrahmen und streichen Gips darauf. Ist der trocken und fest, meißeln und kratzen die Landschaftsgestalter Felsspalten, Bergbäche oder Wanderwege in die Oberfläche. Mit Farbe, Pinsel, winzigen Plastikbüschen und -bäumen verwandeln sie die graue Einöde in eine prächtige Landschaft. Wasser wird mit Gießharz nachgeahmt; hölzerne Brückenträger, rostbraun angemalt, sehen aus wie echter Stahl.
Jede Menge kleine Bewohner
Selbstverständlich ist die Mini-Welt auch bewohnt: Bis jetzt sind etwa 60 000 Figürchen, jede kaum größer als ein Daumennagel, über die ganze Anlage verteilt. Die Bastler haben sie mit Pinzette, Kleber und viel Fantasie in Szene gesetzt. Manche liegen in der Sonne, andere fahren Radrennen, stehen vor einem Toilettenhäuschen Schlange oder brechen aus einem Gefängnis aus; an einer Stelle verstecken sich einige im Gebüsch; andere fangen gerade ein Seeungeheuer. Gleich 13 000 jubeln beim Fußballspiel im Stadion. "Das war das Aufwendigste, was wir bisher gebaut haben", erzählt Stephan Hertz. Er ist stolz auf einmalige Modelle wie dieses - selbst wenn ihr Bau viel Zeit und Geld gekostet hat. Rund elf Monate vergingen zum Beispiel vom ersten Hammerschlag bis zur Einweihung des Amerika-Rundkurses. Die Anlage hat insgesamt vier Millionen Euro gekostet!
Bei Nacht ist alles beleuchtet
Besonders schön sieht sie aus, wenn alle 15 Minuten für kurze Zeit das Licht über dem Wunderland ausgeht. Dann flimmern jedes Mal rund 50 000 Straßenlaternen, Zimmerleuchten, Scheinwerfer und Fackeln auf und verwandeln die Anlage in ein einziges Lichtermeer. Jedes einzelne Lämpchen ist über haardünne Drähte oder Sensoren mit einem Computer verbunden, der bestimmt, wann es aufleuchtet.
Empfindliche Technik steckt auch in den Autos, die über die Anlage kurven. Ein kleiner Magnet an ihrer Vorderachse folgt einem Eisendraht in der Straßenmitte. So kommen die Wagen nicht von der Bahn ab. Und falls doch, ist meist ein Fussel schuld, der sich im Fahrwerk verklemmt hat.
Über allem wachen Computer
Solche Notfälle meldet der Computer sofort an das Kontrollzentrum. Von dort überwachen Techniker wie Stephano Russo die Miniaturwelt. Mit 134 Kameras kann er in jeden Winkel der Anlage schauen. "Unser größtes Problem sind kaputte Loks und der Staub", sagt er. Deshalb schicken die Techniker regelmäßig Reinigungszüge auf die Strecke, die entweder mit einem Stück Stoff die Schienen polieren oder einen speziellen Staubsauger eingebaut haben.
Bald kommt der Hogwarts-Express!
Bis Erfindungen wie diese funktionieren, müssen Feinmechaniker, Elektriker und Bastler tage- und wochenlang tüfteln. "Wir versuchen jedes Mal, uns selbst zu übertreffen", sagt Stephan Hertz. Und lächelt, wenn er an seinen nächsten Clou denkt: "Bei uns fährt bald auch der Hogwarts-Express. Für ihn planen wir etwas ganz Besonderes." Mehr will er nicht verraten.
Hier geht die Eisenbahn ab
Miniatur-Wunderland Hamburg im Kultur- und Gewerbespeicher Kehrwieder 2, Block D 20457 Hamburg
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr; dienstags 10 bis 21 Uhr; samstags, sonntags und an Feiertagen 9 bis 20 Uhr, keine Ruhetage
Eintrittspreise: Kinder unter einem Meter frei; bis einschließlich 15 Jahre: 4 Euro; Erwachsene: 9 Euro
Kontakt und Informationen: www.miniatur-wunderland.de